Sich mit Freude daran machen, evangelische Kirche zu sein – Bischof Dr. Michael Bünker über das Reformationsjubiläum in Österreich

Sich mit Freude daran machen, evangelische Kirche zu sein – Bischof Dr. Michael Bünker über das Reformationsjubiläum in Österreich

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Quelle: Christophoros, Text: Holger Manke
Wittenberg – Freiheit und Verantwortung – diese Begriffe stellen die Evangelischen Kirchen in Österreich in die Auslage, wenn sie das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 begehen. Wie begeht unsere Nachbarkirche das Jubiläum und welche Impulse versprechen sie sich davon, darüber gibt Honorarprofessor Dr. Michael Bünker, Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich, bei einem Treffen in Wittenberg Auskunft.

Wir treffen uns in Wittenberg. Blicken wir gemeinsam auf das Reformationsjubiläum, das in Österreich schon sehr klare Konturen hat.

Die drei Evangelischen Kirchen in Österreich – die evangelische, die reformierte und die methodistische – haben beschlossen, das Reformationsjubiläum gemeinsam vorzubereiten und zu feiern. Wir haben einzelne Jahre mit Schwerpunktthemen geprägt – derzeit, 2015, ist es das Jahr der Bildung. Vor zwei Jahren war es das Jahr der Diakonie. Und im Jahr 2017 soll der Glaube im Mittelpunkt stehen. Wir meinen, dass wir damit zentrale Themen der Reformation auch für heute aufgreifen, weil wir ja nicht nur ein historisches Erinnerungsfest feiern möchten, sondern auch fragen: Was bedeutet denn der reformatorische Aufbruch für die Kirchen und für die Gesellschaft und für die Welt von heute?

Im vergangenen Jahr haben wir unsere Gemeinden und Einrichtungen befragt, wie das Reformationsjubiläum gefeiert werden soll. Wir sind dabei von der Frage ausgegangen, was wir als Kirchen in die Auslage stellen sollen. Was sollen die Menschen sehen und wahrnehmen, wenn sich die evangelischen Kirchen über 500 Jahre Reformation freuen? Dazu sind verschiedene Aspekte zur Diskussion gestellt worden. Das Ergebnis war erstaunlich einmütig, was bei den evangelischen Kirchen nicht immer der Fall ist. Das Begriffspaar „Freiheit und Verantwortung“ ist das, was am meisten Zustimmung gefunden hat. Die Freiheit, die durch die Wiederentdeckung des Evangeliums und das evangelische Glaubensverständnis begründet ist. Man denke an Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Doch das meint ja nie nur Autonomie und Ungebundenheit, sondern immer auch Verantwortung wahrzunehmen für sich selbst, die Mitmenschen und die Welt, in der wir leben.

Ich denke, dass wir mit diesen beiden Polen „Freiheit und Verantwortung“ ganz gut verständlich machen können, was evangelischen Kirchen heute wichtig ist.

Das Begriffspaar „Freiheit und Verantwortung“ haben Sie schon erklärt. Doch für sich genommen kann es ja zu Fehlinterpretationen führen: Ich möchte meine persönliche Freiheit haben, und die anderen haben die Verantwortung mir diese zu sichern. Doch allgemein gesagt: Man kann diese Begriffe recht unterschiedlich füllen.

Man muss das individualistische Missverständnis vermeiden. Aber es zeigt sich doch auch in der aktuellen Diskussion um Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit, wie wichtig es ist, das evangelische Freiheitsverständnis mit dem Bewusstsein um die Verantwortung zu verbinden. Natürlich wird es unterschiedliche Inhalte geben, mit denen unsere Gemeinden das Thema „Freiheit und Verantwortung“ füllen werden. Unsere Gemeinden sind sehr unterschiedlich. Der österreichische Protestantismus war immer von einer inneren Pluralität geprägt. Aber sie verstehen sich ja doch auf dem Boden der reformatorischen Theologie und des evangelischen Bekenntnisses, und von daher sind die Unterschiede eine Bereicherung.

Wenn man 500 Jahre Reformation begeht, kommt sicher in manch einem ein Wunsch auf: Reformieren wir auch jetzt! Was gibt es aus Ihrer Sicht, was des Reformierens, des Erneuerns in Ihrer Kirche bedarf?

Die Parole ecclesia semper reformanda gehört zu den evangelischen Kirchen und ist ein ständiger Ansporn zu überprüfen, ob wir dem Auftrag, den wir vom Evangelium her haben, auch in einer angemessenen Weise nachkommen. Erreichen wir die Menschen? Ist die Botschaft, die wir vertreten, glaubwürdig und verständlich? Wie sehen wir unsere Stellung als Diasporakirchen in unserer Gesellschaft, die von religiöser Vielfalt und Säkularisierung geprägt sind? Hier ist das Bemühen um Reform und Erneuerung der Kirchen etwas, das immer wichtig ist.

Wenn ich die Situation unserer Kirchen bedenke, meine ich, dass wir darauf achten müssen, mehr in Kontakt mit unseren Mitgliedern zu kommen. Nicht nur mit denen, die treu und intensiv am kirchlichen Leben teilnehmen. Das ist ja nur eine Minderheit unserer Mitglieder. Und wir müssen auch insgesamt in unserer Gesellschaft deutlich sichtbarer werden und besser wahrgenommen werden, zum Beispiel durch die Diakonie oder durch die evangelischen Schulen.

Hier in Wittenberg wurde die Befürchtung geäußert, dass das hiesige Reformationsjubiläum eher Eventcharakter haben wird, aber Inhalte weniger vermittelt werden können. Wie kann Inhaltliches auch inhaltsvoll gefeiert werden?

Der Protestantismus steht immer ein bisschen in der Gefahr sich von Jubiläum zu Jubiläum zu hangeln. Allerdings muss man sagen, das Fest „500 Jahre Reformation“ ist für uns in Österreich das erste Reformationsjubiläum als freie Kirchen in einem freien Staat und nicht unter irgendwelchen nationalen Vorzeichen – und auch das erste Mal im ökumenischen Zeitalter. Die Wiederentdeckung des Evangeliums ist etwas, was uns sehr stark mit anderen Kirchen verbindet. Ich denke auch an Papst Franziskus und „Evangelii Gaudium“, das weithin eine gut evangelische Schrift ist. Das Verbindende herauszustellen und damit auch ein gemeinsames Zeugnis auszustellen – bei aller Freude über das, was durch die Reformation aufgeboten ist und bei aller Liebe, die wir ja zu unseren eigenen Kirchen haben – das ist etwas, was mir auch ein großes Anliegen ist.

Wir bereiten uns schon lange – inhaltlich wie konzeptionell – auf das Jahr 2017 vor. Das führt mich zu der Frage: Was machen die Evangelischen Kirchen in Österreich eigentlich im Jahr 2018?

Nach einer kurzen Phase der Erholung, die wir wahrscheinlich brauchen werden, wählt 2018 die Evangelische Kirche in Österreich. Die Synode hat im Dezember beschlossen, die Wahlen nicht im Jahr 2017 stattfinden zu lassen, sondern genau im Jahr danach. Das heißt, die Menschen, die sich dann für die kirchlichen Aufgaben und Ämter zur Verfügung stellen, werden geprägt sein durch all das, was im Jahr 2017 geschehen ist oder nicht geschehen ist, gelungen ist oder nicht gelungen ist – und werden das ein Stück weit auch mitnehmen. Ich erwarte mir vom Jahr 2017 schon so etwas wie eine Inspiration und einen Impuls, sich mit Freude daran zu machen, evangelische Kirche zu sein.

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