Háló – „Strengste Geheimhaltung!“

Háló – „Strengste Geheimhaltung!“

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Wie berichtet veröffentlichte kürzlich die Evangelisch-Lutherische Kirche in Ungarn eine Enthüllung der Informantenakten aus der Zeit von 1945 bis 1990, in dem das Wirken zweier lutherischen Bischöfen reflektiert wurde. Lesen Sie nun einen auf den ersten Blick scheinbar uninteressanten Bericht über einen Besuch der ungarischer Kirchenleitung bei der bayerischen Landeskirche, den der ungarische Bischof Káldy als Informant „Pécsi“ schreibt. Doch beim aufmerksamen Lesen zeigt sich, dass viele Fragen, die damals 1969 Menschen bewegten, auch heute noch sehr aktuell sind. Quelle: Deutschsprachiger Nachrichtendienst, text: Katrin Strén (nachrichtendienst@lutheran.hu)

Bericht 29.308 für das Staatssekretariat für Kirchenfragen über den Besuch vom 8. Oktober 1969 in Bayern

Außenministerium III/III/1-c. Unterabteilung

STRENG GEHEIM! Von: Informant „Pécsi“ Für: Ernő Bodor Polizeit Hauptmann Zeit: 8. Oktober 1969 Betreff: Delegation der Lutherischen Kirche besucht BRD

BERICHT Budapest, den 9. Oktober 1969

Agent „Pécsi“ berichtet:

  1. Einladung durch D. Hermann Dietzfelbinger, Bischof der Bayerischen evangelischen

    Landeskirche, der 1965 in Ungarn war.

  2. Einladung war dienstlich.

  3. Die ungarische Delegation wurde sehr herzlich empfangen und diese Herzlichkeit der

    Kirchenvorsteher war während des ganzen Aufenthaltes spürbar. Es gab keine provokanten Vorfälle. So etwas gab es nicht. Das heißt jedoch nicht, dass der Delegation nicht schwere Fragen gestellt wurden. Aber diese Fragen gingen nicht über die gewohnten Fragen „aus dem Westen“ hinaus.

  4. Bischof Dietzfelbinger erachtete den Besuch als sehr wichtig. In Anwesenheit seiner Abteilungsleiter wurde die Delegation formell im Büro begrüßt. Eine formelle Begrüßung fand statt. Bei einem großen Empfang in seiner Wohnung wurde der Delegation die Gelegenheit geboten den wichtigsten Leiter der Bayerischen Landeskirche zu begegnen. Es waren ca. 40-50 Personen anwesend. Dietzfelbinger hielt eine lange Ansprache, auf die Bischof Káldy antwortete.

  5. Präsident Adolf Wischmann (Frankfurt), Leiter des kirchlichen Außenamtes der BRD, ist extra aus Frankfurt nach München gereist um Bischof Káldy zu begrüßen und an dem Empfang teil zu nehmen.

  6. Auch Vilmos Vajta, Leiter des Forschungszentrums in Strasbourg, ist eigens nach München angereist.

  7. Dem Besuch der Delegation wurde breite Öffentlichkeit gewährt. Am 28. September wurde die Delegation in der Münchner lutherischen Kirche vor mehreren hundert Gemeindemitglieder in Anwesenheit von Dietzfelbinger begrüßt. Außerdem gab es ein Treffen mit Pfarrer eines Dekanats aus München, sowie in Alexander Bad mit Pfarrern, die (aufgrund einer Konferenz) aus der ganzen BRD anreisten und in Kitzingen gab es einen Gottesdienst mit 330 Pfarrern. Außerdem gab es im Rahmen eines Festes in Langau einen Gottesdienst. Überall wurde großes Interesse bekundet. Unmengen von Fragen wurden in den kürzeren oder längeren Reden von Káldy Zoltán zusammengefasst. Ein Großteil der Fragen waren: Kirche und Staat in Ungarn, die Beziehung zwischen Ideologie und Evangelium, Nachwuchspfarrer, allgemeine Situation der Jugendlichen, sowie die Beziehung zwischen der Kirche und Jugendlichen, Problem der Militärdienstverweigerer in Ungarn, die Frage der „Freiheit“ in Ungarn, politische und kirchliche Probleme der BRD, usw.

  1. Vereinbarungen nach ungarischer Intention kamen nicht zu Stande, aber die bayerische lutherische Kirche ist jederzeit bereit Stipendiaten aufzunehmen, neue kirchliche Delegationen zu senden, den Austausch von Professoren abzuwickeln, in der Presse regelmäßig Nachrichten über die ungarische Kirche zu veröffentlichen.

  2. Káldy Zoltán musste mehrere Male für innerkirchliche Presse in Nürnberg, München und Langau ein Interview geben.

    Gezeichnet „Pécsi“

Anmerkung: Der Informant erstellt einen schriftlichen Bericht für das Staatssekretariat für Kirchenfragen über die Reise in die BRD, deren Kopie er auch bei uns einreicht. Der Bericht kann durch „Miki“ als geprüft angesehen werden.
Mündlich berichtete der Informant, dass in der BRD neben den formellen Gesprächen auch
einzelne kirchliche Personen diverses Interesse an folgenden Fragen zeigten:

  • -  Wie versteht die lutherische Kirche Freiheit?

  • -  Hat die Kirche ein Recht darauf das politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche System

    des sozialistischen Staates zu beurteilen?

  • -  Verurteilt die Kirche die tschechoslowakische Besetzung?

  • -  Stimmt die ungarische lutherische Kirche mit der Kirchenpolitik der BRD über ein?

    (Seigewasser wurde als Verräter bezeichnet, der die Kirche verraten hatte).

  • -  Welche Rolle spielt das Staatssekretariat für Kirchenfragen in der Beziehung zwischen

    Staat und Kirche? Zensiert es Predigten, Presse und Radiogottesdienste?

  • -  In welcher Beziehung steht das Evangelium zur marxistischen Theologie/Ideologie? In

    welchen Bereichen arbeiten Sie zusammen?

  • -  Wie verhalten sich junge Pfarrer und Theologen dem sozialistischen Staat gegenüber?

  • -  Welche Ziele haben Jugendliche, wie geschieht Seelsorge, wie steht es mit dem

    Pfarrernachwuchs und warum hat die Kirche keine Mittelschulen?

  • -  Wie steht es mit der Ökumene, welche Beziehung gibt es zur römisch-katholischen

    Kirche?

  • -  Ist es wichtig in politischen Fragen Stellung zu beziehen? Sie sind der Meinung, dass die

    Stellungnahme der Leitung der ungarischen lutherischen Kirche zu positiv ist.
    Zu beachten ist, dass der bayerische Landesbischof Dietzfelbinger der ungarischen lutherischen Kirche jede Hilfe zugesichert hat, wenn sie es bedarf.
    Dietzfelbinger und Vilmos Vajta haben
    dazu ermutigt, dass das Ökumenische Forschungsinstitut in Strasbourg im Sommer 1970 das ökumenische Seminar in Ungarn abhalten solle, an dem ca. 20-25 Vertreter aus dem Westen und aus Kirchen aus sozialistischen Länder teilnehmen. Diesbezüglich empfehle ich das Staatssekretariat für Kirchenfragen zu konsultieren.

    Gezeichnet Ernő Bodor Polizeihauptmann

 

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