Ein Trend, der zum Beispiel in Deutschland durch Kirchenaustrittszahlen und dem Vergleich von Tauf- und Bestattungsstatistiken deutliche Einbrüche bei der Entwicklung der Kirchenmitglieder manifestiert und weiterhin voraussagt, ist auch in Ungarn zu spüren – hier in Form der Zahlen, die das Zentrale Amt für Statistik am Gründonnerstag bekannt gegeben hat.
In der Volkszählung bekannten sich 3.871.881 Ungarn – 53,5 Prozent derer, die Angaben zur Kirchenzugehörigkeit machten – zur katholischen Kirche (davon 3.691.347 zur römisch-katholischen, 179.176 zur griechisch-katholischen Kirche). Mit 15,9 Prozent und 1.153.442 Mitgliedern folgt die evangelisch-reformierte Kirche. Die evangelisch-lutherische Kirche folgt mit drei Prozent (214.965 Mitglieder). Gemäß den Angaben des Zentralen Amtes für Statistik gibt es darüber hinaus 13.710 orthodoxe Christen und 10.965 Juden. Deutlich zugenommen hat der Anteil derer, die keine Angaben zur Kirchenzugehörigkeit machten: Waren dies 2001 noch etwa zehn Prozent der Bevölkerung, so stiegt diese Zahl 2011 auf 27 Prozent.
Anders als zum Beispiel in Deutschland gibt es in Ungarn keine einwohneramtliche Erfassung der Kirchenmitglieder, da Ungarn auch kein vergleichbares Steuersystem kennt. Somit verfügen die Kirchen lediglich über Mitgliedsangaben, die die Gemeinden selbst erheben. Hier kommt es jedoch zu Unschärfen, da sich Kirchenmitglieder nach Umzügen nicht unbedingt in der neuen Gemeinde melden. Manche Kirchenmitglieder werden auch mehrfach gezählt, wenn sie zum Beispiel sowohl an ihrem Heimatort im ländlichen Ungarn als auch in einer Gemeinde an ihrem Arbeitsort in einer Großstadt als Mitglieder erfasst werden. Damit erhalten die Kirchen nur im zehnjährigen Rhythmus offizielle Angaben zu ihren Mitgliederzahlen.
An der Art der Erhebung der Kirchenmitgliederzahlen ist Kritik geübt worden. So fällt unter anderem die Frage nach der Religionszugehörigkeit in der Volkszählung unter die freiwilligen Angaben. Hierzu wird diskutiert, wie aussagekräftig freiwillige Aussagen überhaupt sein können.
Anders als 2001 konnten die Angaben der letzten Volkszählung auch über das Internet übermittelt werden. Hier erschien nach dem verbindlichen Teil der Hinweis, dass nun der freiwillige Teil der Volkszählung folgt. Vermutlich haben viele diesen Hinweis als Einladung angesehen, die folgenden Fragen nicht mehr zu beantworten.
Zudem unterscheiden sich die Fragen nach der Religionszugehörigkeit: Wurde 2001 noch deutlich nach der Zugehörigkeit gefragt, die sich zum Beispiel durch Taufe oder Konfirmation ergibt, so stand 2011 die Frage nach dem Bekenntnis in den Fragebögen der Volkszählung. Auch dies kann zu unterschiedlicher Beantwortung führen und stellt eine Minderung in der Vergleichbarkeit der Zahlen von 2001 und 2011 dar.
Trotz aller formalen Anfragen an die Volkszählung haben die Ergebnisse der Volkszählung in den christlichen Kirchen Ungarns einen Schock ausgelöst und viele Fragen aufgeworfen.