Marsch des Lebens – Grussworte von Bischof Tamás Fabiny

Marsch des Lebens – Grussworte von Bischof Tamás Fabiny

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Bischof Tamás Fabiny hat im Namen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn die Teilnehmer des Projekts Marsch des Lebens gegrüsst.

 

Pfarrer Jobst Bittner

TOS Dienste Deutschland e.V.

Eisenbahnstr. 124

D-72072 Tübingen

ÉP-124/K/2014

24. April 2014

 

Liebe Freunde!

 

Mit großer Freude darf ich im Namen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn die Teilnehmer des Projekts Marsch des Lebens herzlich grüssen. Das ist eines der bedeutendsten Ereignisse des Gedenkens an das tragische Jahr 1944. Als Befürworter der jüdisch–christlichen Versöhnung unterstütze ich dieses Projekt mit gutem Herzen. Ich tue das als einer der Bischöfe der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn, aber auch als Vorsitzender der Christlich–Jüdischen Gesellschaft in Ungarn.

Erlauben Sie mir, dass ich ein paar Worte über die Tätigkeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn gegen Diskriminierung und Hass hier erwähne.

Unsere Kirche war immer schon eine einladende und bunte Minderheitskirche. Zu unseren Kirchengemeinden gehören auch Menschen slowakischer und deutscher Nationalität. Das hilft uns auch in der Gegenwart Toleranz zu üben und Minderheiten zu schätzen.

Gegen den Antisemitismus und gegen jede Art von Diskriminierung zu kämpfen ist für uns nichts Neues. Im 20. Jahrhundert haben wir zwei totalitäre Diktaturen erlebt, die Braune vor und während des 2. Weltkriegs und die Rote in der 2. Hälfte des Jahrhunderts. Die Kirche hat in einer Diktatur die Aufgabe, sich für die Kleinen und Schwachen einzusetzen. Und das haben wir auch gemacht. Die drei bekanntesten Personen – alle drei Pfarrer unserer Kirche –, die Opfer des Faschismus und der sowjetischen Unterdrückung gerettet haben, sind Lajos Ordass, Gábor Sztehlo und András Keken.

Bischof Lajos Ordass hieß früher Wolff – er hat seinen Namen verändert, als Ungarn im März 1944 von den Deutschen besetzt wurde. Diese Namensänderung war für ihn Akt der Widerstand. Er war auch im Gefängnis – wie viele andere damals aufgrund falscher Anschuldigungen. 

Gábor Sztehlo hat den Namen „der Kinderrettende” verdient. Tausende von Kindern hat er versteckt, Waisen und Halbweisen in sein Kinderheim aufgenommen. Nicht nur Juden, sondern auch Verfolgten der roten Diktatur hat er Hilfe angeboten, und auch die Gründung des immer noch existierenden Behindertenheimes „Sarepta” ist sein Verdienst. Er hat auch György Oláh gerettet, einen späteren Nobel-Preis Träger, und vielen späteren ungarischen Künstler, Schriftsteller, Regisseur. Er hat die Auszeichnung Yad Vasem für seine Tätigkeit bekommen. Auf dem Deák Platz steht sein Denkmal: ein Pfarrer, der unter seinem liturgischen Mantel Obhut und Versteck für Kinder bietet.

Auch András Keken, Pfarrer der Kirche am Deák Platz hat sich aktiv für verfolgte jüdische Familien eingesetzt. Er hat in seiner Wohnung, in der Kirche, im Keller Leute versteckt. Einmal konnte er ein Kind retten, als die Polizei kam und die Kirche untersucht hat. Er ahnte, dassdie Kanzlei nicht kontrolliert werden wird, so versteckte er das Kind dort - so wurde ein Kind gerettet. Wie Sztehlo auch er hat auch in der roten Diktatur Widerstand geleistet – die Folge war auch für ihn Gefängnis. Über sein Leben habe ich einen Biographischen Roman geschrieben.

Das berühmteste Gymnasium unserer Kirche haben immer viele Schüler jüdischer Herkunft besucht – auch einige spätere Nobel-Preis Träger, auf sie sind wir sehr stolz.

Nach der politischen Wende 1989 kam eine Welle der Nationalismus hoch. Der Grund dafür war, dass in der sowjetischen Regime die nationalen Feiertage nur illegal gefeiert werden konnten und alles, was mit Vaterlandsliebe im Zusammenhang war, als verdächtig galt. Die unterdrückten Gefühle kamen mit der politischen Freiheit sehr intensiv hoch.

Unsere Kirche könnte zum Glück nicht nationalistisch auftreten, weil wir gar keine rein ungarische Kirche sind. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Ungarn besteht aus 3 Nationalitäten: slowakisch, deutsch und ungarisch. Auch heute gibt es noch Gemeinden, wo regelmäßig deutsch- oder slowakisch-sprachige Gottesdienste gehalten werden.  Seit drei Jahren halten wir unmittelbar nach der ökumenischen Gebetswoche der Christlichen Kirchen ein gemeinsames Gebet mit unseren jüdischen Schwestern und Brüder.

Viele Arten von Extremismus sind in Ungarn leider gegenwärtig: vom Antisemitismus durch Gewalt gegen Romas bis Versuche, die alte ungarische Schamanenreligion wieder ins Leben zu rufen. Wir als Kirche lassen unsere Stimme hören, wenn es um Extremismus geht. Wir haben eine Gegenerklärung ausgegeben, als die paramilitaristische Bewegung, Magyar Gárda gegründet wurde. Genauso haben wir eine Erklärung gegen Benutzung von Fahnen mit Arpadenstreifen an unsere Gemeinden geschickt.

Nach einem Mord aus rassistischen Gründen hat die lutherische Kirche einen Friedensgottesdienst gehalten, um unsere Gemeindemitglieder auf unsere christliche Verantwortung aufmerksam zu machen.

Schliesslich erlauben Sie mir noch eine theologische und hermeneutische Bemerkung: als Neutestamentler bin ich überzeugt, dass wir im Neuen Testament kein Holz finden können, woraus ein Feuer des Antisemitismus angezündet  werden kann – und diese Überzeugung möchte ich auch als Bischof unter Gemeindemitgliedern und PfarrerInnen vertreten und weitergeben.

Ich wünsche Ihnen, dass der Marsch des Lebens sein Ziel erreicht und ich wünsche auf den Vertreter der Versöhnung Gottes reichen Segen.

Dr. Tamás Fabiny

Bischof

Evangelisch-Lutherische Kirche in Ungarn-ND

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