Es ist für mich eine große Ehre, zur Synode der Landeskirche Sachsens eingeladen worden zu sein und hier eine Bibelarbeit halten zu dürfen. Erlauben sie mir einige vorläufige Anmerkungen, bevor wir näher auf den Text eingehen.
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Es freut mich sehr, dass das Studieren der Bibel einen zentralen Platz in unserer Kirche und auch in der Arbeit der Synode einnimmt. Wenn wir Gottes Wort nicht als Quelle betrachten, und wenn wir uns auf administrative, juristische, ökonomische und sonstige Fragen beschränken, sind wir lediglich ein lebloser Organismus, und nicht die lebendige Kirche des lebendigen Jesu.
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Dies muss auch in Verbindung mit dem nahenden Jubiläum der Reformation betont werden. Ein nahender Jahrestag? Möglicherweise haben wir das 500. Jahr schon überschritten. Was ich damit meine ist, dass ich den Beginn der lutherischen Reformation – für den eigenen Gebrauch – nicht auf den 31. Oktober 1517 setze, sondern auf die Jahre 1513 und 1514, als die Form, in der Luther an der Universität von Wittenberg seine Vorlesungen hielt, dazu führte, dass das lebendige und wirkende Wort Gottes auch Luther selbst ergriff und grundsätzlich veränderte. Um auch hier eindeutiger zu sein: jegliche ökumenischen Bemühungen und kirchlichen Reformbestrebungen sind nur etwas Wert, wenn ihnen eine eingehende Auseinandersetzung mit Gottes Wort vorangeht.
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Das Thema Glaube und Gerechtigkeit ist heute besonders aktuell. Der eine Begriff deutet scheinbar auf die vertikale, die andere auf die horizontale Dimension – in Wirklichkeit bedingen sie sich aber gegenseitig. Wir können genauso über die weltlichen und sozialen Zusammenhänge des Glaubens sprechen, wie über die Verwurzelung von Gerechtigkeit im Glauben. Ich hoffe, dass wir am Ende dieses Vortrags an einem Punkt ankommen, an dem wir mit Hilfe des Begriffspaars Glaube und Gerechtigkeit die besonderen Werte der Rechtfertigung durch Glauben erkennen.
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Schließlich kommt es mir wichtig vor, den Begriff „eine Welt“ zu definieren. Ich habe in einer Zeit Theologie studiert und meinen Dienst als Pfarrer begonnen, als wir – vielleicht ähnlich wie viele der Anwesenden – in der sogenannten zweiten Welt zwischen der ersehnten „ersten“ und der verabscheuten „dritten“ Welt gelebt haben, wir Christen auch noch als Staatsbürger zweiter Klasse. Wir müssen Gott dafür danken, dass wir mittlerweile von einer Welt sprechen können. Ich glaube fest daran, dass es nicht in erster Linie aus den politischen Veränderungen, sondern aus unseren theologischen Erkenntnissen folgt. Wir leben in einer Welt und erleben das Zeitalter der Globalisierung. Unsere Ellenbögen berühren sich fast. Vielleicht auch unsere Herzen.
Der Text, an dem die allgemeinen Beobachtungen konkretisiert werden sollen, ist - aus seinem Kontext herausgenommen - ein sehr kurzer:
Ein Geldverleiher hatte zwei Schuldner; der eine war ihm fünfhundert Denare schuldig, der andere fünfzig. Als sie ihre Schulden nicht bezahlen konnten, erließ er sie beiden. Wer von ihnen wird ihn nun mehr lieben? (Lk 7,41–42)
Diese kurze Erzählung wird nicht immer zu den Gleichnissen gezählt. Formal betrachtet ist sie aber, ähnlich wie z.B. Lk 10,30–36, ein typisches fragendes Gleichnis. Die Rahmenerzählung spricht von der Tischgemeinschaft Jesu im Hause des Pharisäers Simon. (Lk 7, 36–50)
Die Rahmenerzählung erzählt also von der Salbung der Füße Jesu durch eine sündige Frau1 und der Bestürzung des Gastgebers, die aber nicht durch das Verhalten der Frau, sondern durch die Reaktion Jesu hervorgerufen wird, der entgegen der Erwartung die Frau nicht zurückweist.2 Simon hält das nach 7,39 für den Beweis, dass Jesus nicht "jener Prophet" sei. Der Monolog Simons und die "chorschlußartige Wendung"3 in 7,49 ("Wer ist das...") zeigen, dass "die gesamte Erzählung im Dienst der Christologie, genauer der Prophetenchristologie"4 steht.
Das Verhältnis zwischen dem Gleichnis und der Geschichte wurde oft untersucht. Nach Wellhausen wurde das Gleichnis in die Erzählung eingetragen5, nach Jülicher6 und genauso Bultmann7 ist umgekehrt die Erzählung als Rahmen hinzugekommen.8 Die Verschmelzung des Gleichnisses mit seinem jetzigen Kontext zeigt, wie die nachösterliche Tradition die Person und die Taten Jesu im engsten Zusammenhang sah. Das Gleichnis (VV 41-42a) ist eher eine allgemeine Illustration einer religiösen Wahrheit als eine originelle metaphorische Bildung. Die Erzählung an sich hat einen geringen dramatischen Aufbau und die Protagonisten in ihr stehen in einer allegorischen Beziehung zu den Personen der Rahmenerzählung. Für Lukas als Redaktor war es wichtig, dass die Figuren des Gleichnisses mit denen der Rahmenerzählung korrelieren.
Hinter dem Gleichnis steht der Doppelsinn des aramäischen Wortes habah, das sowohl „Schuld” als auch „Sünde” bedeutet.9 Das griechische Substantiv ofeilema bzw. das Verb ofeilo (Lk 7,41) entspricht dieser zweifachen Bedeutung.10 Auch in der rabbinischen Literatur war der Gedanke nicht unbekannt, dass der Mensch mit seinen Sünden Gott und Menschen gegenüber schuldig wird.11 Zu nennen ist auch der Begriff eharisato (Lk 7,42.43), der hier für den Schuldenerlass steht (in Lk 7,21 für die Blindenheilung), und mit dem xa/rij (vgl. Lk 4,22) zusammenhängt.12
Der Schuldenerlass im Gleichnis und die Sündenvergebung in der Rahmengeschichte kommentieren einander gegenseitig. Gleichnis und Rahmenerzählung stehen in ihrer jetzigen Form im engsten Zusammenhang und sind voneinander nicht ablösbar.13 "Das Gleichnis war von Anfang an die Pointe der Geschichte."14
Die beiden Geschichten, die als Rahmengeschichte des Gleichnisses fungierenden realen Ereignisse und die fiktive Erzählung des Gleichnisses, stehen zueinander also in einem analogen Verhältnis, es geht in beiden Fällen um Schuld.
Das Gleichnis hat heute zweierlei aktuelle Aussagen. Einerseits leben wir in einer Welt, für die die Verschuldung von Einzelnen, von Firmen oder sogar von Ländern typisch ist. Daher müssen wir für die hier geschilderte Situation sensibel sein. Es gibt große und es gibt kleinere Schuldner. Außerdem gibt es die Institution der Kettenverschuldung. Ein Schuldenerlass, wie im Gleichnis geschildert, kommt in der heutigen Wirtschaft selbstverständlich äußerst selten vor. Wir können eher von der Konsolidierung von Firmen sprechen, deren Schulden vom Staat komplett getilgt werden. Die hier geschilderte Situation von Verschuldung ist uns auf jeden Fall auch heute bekannt.
Die andere aktuelle Aussage ist der moralische und gesellschaftliche Zusammenhang. Die Anschuldigung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen – Frauen oder nicht erwartungskonformen Verhaltensformen – war nicht nur der Antike eigen, sie betrifft heute auch viele unserer Mitmenschen. In einer Kirche, die für die Demütigten und Verabscheuten Sensibilität zeigt, müsste es Sympathie für die Frau im Gleichnis wecken.
Die Erstarrung der Situation, die durch die für Gastgeber wie Gäste schockierende Tat der Frau ausgelöst wurde, löst Jesus durch den Einsatz des Gleichnisses auf.15 Das Gleichnis in Lk 7,41-42 lässt darüber hinaus die Schlußfrage offen und muss von Simon beantwortet werden. Bis jetzt war er Beobachter und Zuhörer, wird aber nun als Adressat herausgefordert. Bereits dadurch wird eine neue Beziehung realisiert. Die Erzählung endet aber noch nicht mit seiner Antwort, sondern mit einer weiteren Bemerkung Jesu. Lk 7,41–47 hat also folgende Struktur16:
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Gleichnis als exemplarischer Fall (7,41-42a)
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Entscheidungsfrage (7,42b)
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Hörerantwort (7,43a)
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Erzählerantwort (7,43b.47)17
Das Gleichnis hat die Form eines klassischen dramatischen Dreiecks, in dem der Gläubiger als Handlungssouverän18 und die beiden Schuldner als ein antithetisches Zwillingspaar zu verstehen sind. Der größere Schuldner ist die dramatische Hauptfigur oder Identifikationsfigur und der kleinere die dramatische Nebenfigur.19 Die Rollenverteilung dieses dramatischen Gleichnisses gestaltet sich so: Jesus (Gott)20 — sündige Frau — Simon; bzw. Gläubiger — größerer Schuldner — kleinerer Schuldner.21 Die Bestimmung der "Rollenverteilung" bedeutet noch keine Allegorese22 des Gleichnisses, sondern lediglich die Aufstellung einer Parallele. Es soll auch erwähnt werden, dass das dramatische Dreieck des Gleichnisses offen bleibt, weil die beiden Schuldner einander nicht begegnen, dagegen wird in der Rahmenerzählung auch diese mögliche Beziehung entwickelt23: Simon äußert sich über die Frau, wenn er sie als hamartolos bezeichnet (7,39). Es ist typisch für die jesuanischen Gleichnisse, dass die traditionellen Rollen getauscht werden24: der Pharisäer kommt hier auf die negative Seite, die Sünderin dagegen auf die positive.25
Die lukanische Erzählung ist aus Motivelementen der neu- und alttestamentlichen bzw. rabbinischen und hellenistischen Literatur aufgebaut. Dies spielt im Kommunikations-prozess insofern eine entscheidende Rolle, als diese Motivelemente zum assoziativen Horizont der Rezipienten gehören können. Im folgenden Überblick wird diese motivgeschichtliche Verwandschaft dargestellt.
a) Auch alttestamentliche Motive haben das Gleichnis und seinen Kontext beeinflußt.26 Lk 7,40 betont nicht einfach "die Autorität des Lehrers, der Aufmerksamkeit verlangt"27, sondern es klingt sogar wie eine feierliche prophetische Verkündigung, ähnlich wie z.B. Am 3,1: "Hört dieses Wort, das JHWH gesprochen hat über euch, ihr Söhne Israels..." Ferner ist das kommunikative Schema von Gen 24,33f bekannt: Der eine kündigt eine Rede an, der andere fordert ihn auf zu sprechen. Der erste spricht erneut. Kilgallen bemerkt, dass die Gesten der Frau sich auf die Füße Jesu richten, was bei dem Hörer/Leser Assoziationen mit Jes 42,7 ("Wie schön sind die Füße ... des Freudeboten") auslöst.28
Ich kann es hier nicht ausführlich erörtern, möchte aber darauf hinweisen, dass zwischen 2 Kön 4,1-37 und Lk 7,36-50 nach zahlreichen Schriftauslegern eine motivgeschichtliche Verwandtschaft festzustellen ist.
b) Neben den alttestamentlichen Wurzeln können auch hellenistische Parallelen im Gleichnis nachgewiesen werden. Verschiedene Exegeten vertreten die Ansicht, dass Lk 7,36-50 und andere Erzählungen29 als antike Symposien30 zu verstehen sind. In diesem Rahmen scheint nicht nur die Inszenierung des Mahles und besonders des Dialogs und die Darstellung Jesu realistisch, sondern auch die Erscheinung einer Prostituierten.31 Damit kann zusammenhängen, dass der Grund für den Anstoss des Pharisäers (7,39) nicht die Erscheinung der Frau, sondern Jesu Verhalten war. Simon hatte nicht einfach moralische, sondern theologische Einwände, die mit seiner prophetischen Erwartung zusammenhingen.
Ulrich Wilckens hat darauf aufmerksam gemacht, dass zahlreiche Motive der hellenistisch-jüdischen Schrift "Joseph und Aseneth" in Lk 7,36-50 zu finden sind.32 Es ist nicht unmöglich, dass auch diese Schrift auf dem assoziativen Horizont des lukanischen Textes erscheint. Bei ihrer Bekehrung vergießt Aseneth eine Flut von Tränen und löst ihre Haare zum Zeichen der Bußtrauer (10,14-17). Sie fällt vor dem Erzengel Michael nieder und küßt ihm die Füße (15,11). Er gibt ihr das "Brot des Lebens" aus Honigwabe und "den Becher der Unsterblichkeit", danach salbt sie ihn mit dem "Öl der Unverweslichkeit" (16,16). Später will Aseneth die Füße des Joseph statt ihrer Jungfrauen selbst waschen: "Nein, Herr, denn von nun an bist du mein Herr und ich deine Magd. Warum verlangst du dann von mir, dass eine andere Magd dir die Füße wäscht? Denn deine Füße sind meine Füße, und deine Hände meine Hände, und deine Seele meine Seele. Nicht soll eine andere deine Füße waschen! So nötigte sie ihn und wusch ihm die Füße." (20,4f) Die auffallenden Parallelen zeigen ohne Zweifel eine Motivverwandschaft. Wilckens geht aber weiter. Aus der Tatsache, dass die Erzählung von Joseph und Aseneth im Rahmen einer Bekehrungsgeschichte dargestellt wird, schließt er darauf, dass Lk 7,36-50 seinen Überlieferungsort im Zusammenhang mit der christlichen Taufe hatte.33
c) In der Perikope kommen schließlich rabbinische Motive vor. Die Rahmenerzählung, in der das Gleichnis in fragender Form und das darauffolgende Gespräch im Mittelpunkt stehen, ist die typische Art der Diskussion bei den Rabbinen im Talmud,34 und die Einzelmotive wie Dirne35, Salbung mit dem Öl36, Kuß auf Knie oder Fuß37 sind in der rabbinischen Literatur auch bekannt. Es sind zahlreiche rabbinische Gleichnisse zu finden, die mit dem Gleichnis des Lk 7,41-42 verwandt sind. Die großzügige Haltung eines Gläubigers oder die tapfere Entscheidung des Schuldners sind nicht nur in der neutestamentlichen (Mt 18,23-35 bzw. Lk 16,1-8), sondern auch in der rabbinischen Literatur zu finden. Es ist Israel, das an der Stelle des Schuldners steht. Der Schuldenerlaß oder wenigstens die Schuldminderung stehen für die Vergebung der Sünden von Gott:
Rabbi Yizhaq sagte: Gleich dem Sohn eines Goldschmieds, auf den ein Zahlungsbefehl zukam. Er geriet in Furcht und sagte: Ist dies ein Zahlungsbefehl für hundert Goldstücke oder für zweihundert Goldstücke? Da sagte sein Gläubiger zu ihm: Fürchte dich nicht! Er ist nur für ein Kor Gerstenkleie. Was es auch sei, es ist bezahlt!
So sagte der Heilige, gelobt sei er, zu den Israeliten: Meine Söhne, die Götzenbilder nach denen ihr giert, sind nichts Wirkliches, sondern "Luft und Irrlichter" (Jer 10,15). "Noch wie sie ist der Anteil Jakobs, denn er ist der Schöpfer des Alls und Israel ist sein Erbstamm. Der ewige Zeva'ot ist sein Name" (Jer 10,16).38
Das großzügige Verzeihen der Sünden Israels als Motiv kommt auch in anderen Gleichnissen vor.39 Auffallend ist aber, dass die Bedingung für den Schuldenerlaß eine besondere Tätigkeit des Schuldners ist, d.h. Gott vergibt die Sünden, wenn Israel Buße tut.
Diese exegetische Parallele führt uns zum Thema Glauben und Gerechtigkeit.
Die Erzählperspektive ist in dieser Perikope besonders wichtig. Das Verhältnis der Vergebung der Sünden zu der Dankbarkeit (7,47) bzw. zum Glauben (7,50) der Frau ist umstritten.40
Jeremias versucht zu zeigen, dass die Frau die Verkündigung Jesu vielleicht in der Synagoge früher bereits gehört hatte.41 Auch Schürmann42 und Schweizer erwähnen die Möglichkeit, dass Jesus von der Frau zu Simon gekommen ist.43 So eine historisierende Lösung verkennt nicht nur die Pointe der vergebenden Aufnahme der Sünder in die Gemeinschaft Jesu, sondern wäre auch gegen die Gesetzmäßigkeiten der Erzählung.44 Die Beobachtung von Roloff ist dagegen weiterführend, wenn er sagt, dass "der Glaube nicht eine menschliche Haltung ist, die in einem so oder so gearteten Kausalverhältnis zum Wirken Jesu als Wundertäter steht, sondern der grundlegende Vollzug der Umkehr angesichts der von Jesus gewährten Gemeinschaft. Sieht man diesen Zusammenhang, so löst sich aber auch die scheinbare Schwierigkeit, die in der sachgemäßen Verhältnisbestimmung von 'Liebe' (V 47) bzw. 'Glaube' (V 50) und Vergebung besteht."45
Die Pointe ist also die vergebende Aufnahme der Sünder in die Gemeinschaft Jesu, die eine Quelle der Liebe ist.46 Bemerkt man weiterhin die Extravaganz des Gleichnisses, so kann man sagen: die extreme Vergebung ist der Grund der extremen Dankbarkeit. Sowohl auf der Erzählebene als auch auf der Gleichnisebene ist ein extravaganter Zug zu sehen: hier das Verhalten der Frau, dort das des Gläubigers.
Was die Frau tut47, ist eine "überschwängliche Geste"48 und "ein für die Antike ungewöhnlicher, ja unerhörter Vorgang"49. Nicht der Kopf, wie gewöhnlich,50 sondern die Füße werden gesalbt, sie werden sogar geküßt. Lösung der Haare war besonders skandalös, und das ganze Verhalten der Frau ist etwas erotisch51 und "mag etwas von Hysterie zeigen"52. Die Spannung wird dadurch gesteigert, dass die Frau kein Wort sagt. Es ist - besonders in den Augen des Pharisäers - nicht weniger skandalös, dass Jesus diese Annäherung der Frau nicht zurückweist, sondern sie so nahe zu sich lässt.53 Auch er sagt hier kein Wort.
Die Tat des Gläubigers im Gleichnis ist außergewöhnlich. Die motivgeschichtlichen Parallelen zeigen, dass ein solcher Geldverleiher ein "weißer Rabe"54 gewesen sein soll. Gottes Verhalten kann hier aber nur mit Hilfe einer Ausnahmefigur von extravaganter Haltung ausgedrückt werden.55 "So ist Gott, so unbegreiflich gütig! Verstehst Du nicht, Simon? Die Liebe dieser Frau, über die Du die Nase rümpfst, ist Ausdruck überströmender Dankbarkeit für unbegreifliche Gottesgüte! Wie tust Du ihr und mir unrecht und wie fehlt Dir das Beste!"56 Dieses Zitat von Jeremias drückt auf eine kommunikative Weise aus, wie die Extravaganz der Frau und die des Gläubigers zusammengehören. Es ist auffallend, dass dadurch die Erzählungsebene (über die Frau) mit der Gleichnisebene (über den Gläubiger) verschmolzen wird.57 In dem dramatischen Dreieck des Gleichnisses ist der Gläubiger der Handlungssouverän, der ohne Zweifel für Gott steht.58 Eine christologische Zuspitzung der Erzählung wird dadurch gegeben, dass in dem dramatischen Dreieck des Gleichnisses Jesus der Handlungssouverän ist!59 Letztenendlich steht die gesamte Erzählung – mit den beiden Monologen in 7,39 bzw. 7,49 im Dienst der Prophetenchristologie.60 Mit der expliziten Sündervergebung in 7,48 sagt aber die Erzählung viel mehr. Es lohnt sich auch auf den Inhalt dieses christologischen Gleichnisses zu achten.61
Simon hat den Eindruck, er habe sich in seinen Erwartungen getäuscht, Jesus könne nach dem Geschehen nicht mehr "jener Prophet"62 sein. Jesus ergeht sich darauf nicht in langen Erklärungen, die seine Sendung beweisen sollten, sondern, erzählt dieses Gleichnis.63 Mittelbar antwortet er somit auf die Frage des Simon und zwar mit feinen christologischen Andeutungen.64 Nach dem Gleichnis und dessen Erklärung sagt Jesus zu der Frau folgendes: dir sind deine Sünden vergeben (Lk 7,48)! Dadurch deutet er darauf hin, dass er Macht hat, die Schuld zu erlassen, und die Sünden zu vergeben. Weil dies exklusiv das Recht Gottes ist, soll dieser Zug der Erzählung als ein Hinweis auf das Verhältnis Jesu zu dem himmlischen Vater gedeutet werden.65 Diese e(cousi/a Jesu wirft die Frage nach seiner Person auf (V 49, vgl. 5,21) Mit der Erzählerantwort in 7,47 legt Jesus sein eigenes Gleichnis christologisch aus und nach 7,48 macht er von dieser seiner Macht gleichzeitig auch Gebrauch. Die christologische Zuspitzung der gesamten Erzählung ist also, dass der vergebende Gott durch Jesus repräsentiert wird.66 Jesus ist tatsächlich kein profh/thj (7,39) - sondern viel mehr!
Lk 7,50 ist wahrscheinlich eine sekundäre Zufügung67, die aber zeigt, dass Lukas die Pointe der Erzählung richtig verstanden hat.68 Die feierliche Aussage "dein Glaube hat dir geholfen" schließt sonst Wundergeschichten ab.
Schlussfolgerungen
Die Rahmengeschichte des Gleichnisses stellt realistisch eine Welt vor, in der sich die Guten und die Bösen, die Gerechten und die Ungerechten gegenüberstehen. Diese religiösen und gesellschaftlichen Rollen scheinen konstant zu sein. Jesus hingegen stellt diese Welt auf den Kopf, und das allgemein für gut gehaltene Individuum wird zum Bösen, der als negativ beurteilte Charakter zum Guten. Ein ähnlicher Rollentausch findet in einem anderen Gleichnis bei Lukas statt, und zwar in der Geschichte von dem Pharisäer und dem Zöllner (Lk 18,9–14). Beide Pharisäer (Simon und der Mann, der in der Kirche selbstzufrieden betet) erhöhen sich selbst, daher werden sie erniedrigt. Der Zöllner und die Frau hingegen erniedrigen sich – und werden daher erhöht. Die Feststellung Jesu in dem einen Gleichnis „dieser ging hinab gerechtfertigt in sein Haus vor jenem” (Lk 18,14) gilt auch für die Frau und. Simon. Mit anderen Worten ist der zentrale Gedanke des Gleichnisses, das die Grundlage unserer Exegese war, ebenfalls die Rechtfertigung. Jesus sagt am Ende des Gleichnisses: „Dein Glaube hat dir geholfen; gehe hin mit Frieden!“ (Lk 7,50), und daher können wir sagen, dass es sich hier expressis verbis um Rechtfertigung durch Glauben handelt.
Schließlich muss hervorgehoben werden, dass diese Rechtfertigung durch Glauben radikale Konsequenzen hat, nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die Gesellschaft. Die Konsequenz der mutigen Entscheidung über den Schuldenerlass (bzw. über das Verzeihen) ist einerseits eine individuelle Dankbarkeit, andererseits eine veränderte Gesellschaftsordnung. Die Sünderin wurde gerechtfertigt. Die ausgegrenzte und stigmatisierte Frau bekommt ihre menschliche Würde zurück. Das Gleichnis führt uns an die Kultur der Rechtfertigung durch Glauben sowie die Kultur des Verzeihens und der Liebe heran.
LITERATURVERZEICHNIS
Bovon, F., Das Evangelium nach Lukas, EKK III/1, Lk 1,1-9,50, Neukirchen 1989
- Das Evangelium nach Lukas, EKK III/2, Lk 9,51-14,35, Neukirchen 1996
Bultmann, R., Die Geschichte der Synoptischen Tradition (FRLANT N.F. 12), Göttingen 91979
Conzelmann, H., Art. xa/rij, ThWNT IX, 377-393
Dschulnigg, P., Rabbinische Gleichnisse und das Neue Testament (JeC 12), Bern 1988
- Rabbinische Gleichnisse und Gleichnisse Jesu, Judaica 47 (1991), 185-197
Eichholz, G., Gleichnisse der Evangelien, Neukirchen 31979
Gutbrod, K., Ein Weg zu den Gleichnissen Jesu, Stuttgart 1967
Heininger, B., Metaphorik, Erzählstruktur und szenisch-dramatische Gestaltung in den Sondergutgleichnissen bei Lukas (NTA N.F. 24), Münster 1991
Jeremias, J., Die Gleichnisse Jesu, Göttingen 71965
Jülicher, A., Die Gleichnisreden Jesu.
I. Die Gleichnisreden Jesu im allgemeinen. Marburg 1886
II. Auslegung der drei ersten Evangelien. Tübingen 1910
Kilgallen, J.J., Forgiveness of Sins (Luke 7:36-50), NT 40, 105-116
Prőhle, K., Lukács evangéliuma, Budapest 1966
Roloff, J., Das Kerygma und der irdische Jesus. Historische Motive in den Jesus-Erzhlungen der Evangelien, Göttingen 1970
Schürmann, H., Die Symbolhandlungen Jesu als eschatologische Erfüllungszeichen, BiLe 11 (1970), 29-41; 73-78
Schweizer, E., Das Evangelium nach Lukas (NTD, 3), Göttingen 1982
Strack, L.H. / Billerbeck, P., Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch I-IV München, 1922-1928
Thoma, C. / Lauer, S., Die Gleichnisse der Rabbinen. Erster Teil. Pesiqta deRav Kahana (PesK), (JeC 10) Bern 1986
- Die Gleichnisse der Rabbinen. Zweiter Teil. Von der Erschaffung der Welt bis zum Tod Abrahams: Bereschit Rabba (BerR) 1-63 (JeC 13), Bern (u.a.) 1991
Wailes, L.S., Medieval Allegories of Jesus' Parables, Berkeley (u.a.) 1987
J. Wellhausen, Das Evangelium Lucae, 1904
Wilckens, U., Vergebung für die Sünderin (Lk 7,36-50), Hoffmann, P. (Hg.), Orientierung an Jesus. Zur Theologie der Synoptiker. Für Josef Schmid, Freiburg (u.a.) 1973, 394-424
1 Mit Jülicher, Gleichnisreden II, 290; Jeremias, Gleichnisse, 126, Schürmann, Lukas, 431 und gegen Schlatter, Lukas, 259 und Eichholz, Gleichnisse, 59 wird die Frau m.E. als eine Dirne gesehen.
2 Gegen Schürmann, der der Meinung ist, dass „der korrekte Pharisäer (...) seinen ortsfremden Gast wohlwollend vor sich selbst (entschuldigt)”. Schürmann, Lukasevangelium, 433
3 Roloff, Kerygma, 162
4 Heininger, Metaphorik, 96
5 J. Wellhausen, Das Evangelium Lucae, 32
6 Jülicher, Gleichnisreden II, 199-205
7 Bultmann, Geschichte, 19f
8 Vgl. Roloff, Kerygma, 161, Anm. 202; Eichholz, Gleichnisse, 56f; Heininger, Metaphorik, 83f
9 Bovon, Lukas (EKK) I, 393, Anm. 49
10 Vor diesem Hintergrund ist es überraschend, dass Lk 7,48.49 a(marti/aj steht und nicht o)feilh/mata. Lukas faßt in Lk 7,41f möglicherweise den Schuldenerlaß bereits als Sündenvergebung auf, ähnlich wie er o)feilh/mata (Mt 6,12) für a)marti/aj (Lk 11,4) ändert. In Lk 13,2.4. verwendet er a(martoloi/ und o)feile/tai synonym. Vgl. Heininger, Metaphorik, 97, Anm. 71. Der ganze Abschnitt ist aber mit Lk 7,34 in Übereinstimmung, wo Jesus fi/loj (telwnw=n kai) a(martwlw=n genannt wird.
11 Pröhle, Lukács, 135; Beispiele für die Motivik siehe, 2.3.3.
12 Vgl. Conzelmann, ThWNT IX, 382
13 Eichholz, Gleichnisse, 56; Schweizer, Lukas (NTD), 90f
14 Wilckens, Vergebung, 401
15 Gutbrod, Weg, 24
16 Vgl. Dschulnigg, Gleichnisse, 553.555, der dieses Modell als „Rhema als exemplarischer Fall mit nachfolgender Entscheidungsfrage des Erzählers und deren Beantwortung” bezeichnet.
17 In der lukanischen Redaktion ist der ganze Abschnitt 7,43b-47 die Erzählerantwort.
18 Zwischen 7,42aa und 7,42ab ist ein Subjektwechsel zu bemerken. Damit ist der Satz stilistisch nicht so elegant, aber es ist ein Zeichen dafür, dass der Gläubiger tatsächlich als Handlungssouverän zu sehen ist.Vgl. Heininger, Metaphorik, 90
19 Vgl. Heininger, Metaphorik, 11
20 Es ist eine wichtige christologische Zuspitzung der Erzählung, dass in dem dramatischen Dreieck auf der Kontextebene Jesus als Handlungssouverän steht. In der Analogie mit dem Gleichnis steht also er an der Stelle des Gläubigers (d.h. Gottes).
21 Gutbrod, Weg, 17
22 Dagegen ist das antijudaische Verständnis von Ambrosius, das den geringeren Schuldner als das Judentum, und den größeren als das Heidentum versteht, tatsächlich eine Allegorese. Diese Interpretation war besonders im Altertum und im Mittelalter üblich. Auch die Einzelzüge bekamen allegorische Bedeutungen: Die Zahl Fünfzig war als Produkt der fünf Sinne und der zehn Gebote zu verstehen, und die Zahl Hundert als Multiplikator deutete auf die Vollständigkeit hin. Vgl. Wailes, Allegories, 208f
23 Der Pharisäer sagt aber kein Wort zu der Frau. Der Grund seiner Empörung ist, dass Jesus die Berührung der Frau nicht abwehrt. Eine Entrüstung wegen der Verschwendung des Öles erwähnt Lukas aber nicht, anders als Mk 14,4; Mt 26,6 und Joh 12,5 wo dieses Motiv in einem anderen Zusammenhang vorkommt (siehe 2.2.1.3.).
24 Ähnlich in Lk 10,30-36 (der Priester/Levit und der Samariter) und in Lk 18,9-14 (der Pharisäer und der Zöllner).
25 Heute ist es nicht mehr überraschend. Wir wissen im voraus, dass bei Jesus die Werte so und nicht anders verteilt sind. Das jesuanische Paradox wurde sozusagen konventionalisiert.
26 Es könnte z.B. die Tradition der Salbung erwähnt werden (bei Königen, Profeten und Prister), aber immer die des Kopfes, nicht aber das Fußes.
27 Bovon, Lukas (EKK), I, 392
28 Kilgallen Forgiveness, 108. (Er schreibt irrtümlich Jes 42,7.)
29 Lk 5,29-39; Lk 11,37-54; Lk 14,1-24; Lk 15,1-32; Lk 19,6-27. Weitere Forschungen sollen noch untersuchen, wie weit die Abendmahldarstellung bei Lukas (22,7-38) eine Art Symposion zu verstehen ist.
30 Die sokratischen Symposien, die von Platon und Xenophon dargestellt wurden, können als klassische Paradigmen verstanden werden. Petrons Gastmahl des Trimalchio ist ein anderes Beispiel für diese literarische Form.
31 Normalerweise wurden nur Männer eingeladen, aber auch Hetären waren oft präsent. Ungeladene Gäste (a)/klhtoi) traten auch häufig ein. Ferner mitgebrachte Sklaven standen oder saßen an der Rückseite des lectus, ad pedes. Waschen oder Salben vor dem Mahl war eine allgemeine Sitte. Heininger, Metaphorik, 85 (mit Hinweise auf Platon, Xenophon, Petron und Plutarch). Dagegen Schweizer, Lukas (NTD), 91: „Das Eindringen einer Dirne in Männergesellschaft ist ein Skandal.”
32 Wilckens, Vergebung, 419-422
33 Wilckens Vergebung, 418-422 findet besonders das Salbungsmotiv bedeutsam, das s.E. von der Asenets Geschichte (16,6) im Sinne des altkirchlichen Taufrituals in Lk 7 gekommen ist. Salbung ist nämlich ein mit der Taufe zusammenhängendes Mittel der Geistübertragung, vgl. 2 Kor 1,21 und 1 Jn 2,20.27. Wilckens findet den Grund für die Erweiterung des Textes mit 7,48f in der Taufliturgie: die Absolution paßt in diesen Zusammenhang. Er ist der Meinung, dass „die Geschichte bei der Taufhandlung - möglicherweise bei der Taufe von Frauen - rezitiert sein kann”. Wilckens, Vergebung, 419. Wilckens geht m.E. zu weit. Es muss z.B. erwähnt werden, dass in Lk 7 nicht die Frau, sondern Jeus gesalbt wird! Vgl. auch 2.2.1.4.
34 Bultmann, Geschichte, 42
35 Vgl. z.B. Midr. zu Spr 22,6; vgl. 1.3.1.
36 Vgl. Strack/Billerbeck, Kommentar I, 986 (Salbung des Kopfes; z.B. Ket 17b- die Frau salbt den Kopf eines Rabbis); I, 426ff (die Salbung der Füße war nur vor dem Ausgehen denkbar, sonst nicht)
37 Es ist ein Zeichen, dem Lebensretter die Dankbarkeit auszudrücken. Vgl. bSan 27b: ein des Mordes angeklagter Mann küßt die Füße des Schriftgelehrten, der ihn freigesprochen und damit sein Leben gerettet hat. Jeremias, Gleichnisse, 126. Weitere Beispiele noch bei Strack/Billerbeck, Kommentar I, 996. In Lk 17,16 wirft sich der dankbare Samariter vor die Füße Jesu. Kuß wird aber nicht erwähnt.
38 PesK 14,7; zitiert nach Thoma/Lauer, Gleichnisse (PesK), 222
39 „Gleich einer Stadt, die dem König Steuern schuldete. Da ging der König hin, sie einzutreiben. Die Grossen der Stadt gingen ihm entgegen, etwa zehn Meilen weit und jubelten ihm zu. Da erliess der König ein Drittel ihrer Steuerschuld. Die Rathsherren gingen ihm entgegen, etwa fünf Meilen weit, und jubelten ihm zu. Da erliess ihnen der König (ein weiteres) Drittel ihrer Steuerschuld. Als aber der König die Stadt betrat, gingen ihm alle Stadtbewohner entgegen und jubelten ihm zu. Der König sagte zu ihnen: Was geschehen ist, ist geschehen! Von jetzt an und weiter: Rechnung!
So kommen die Israeliten am Neujahrfest und tun Busse und der Heilige, gelobt sei er, erlässt ihnen ein Drittel ihrer Sünden. Es kommen die Emsigen in den zehn Busstagen und fasten, und der Heilige, gelobt sei er, erlässt ihnen den Grossteil ihrer Sünden. Wenn aber der Versöhnungstag kommt, fasten alle Israeliten, und der Heiloge, gelobt sei er, vergibt alle ihre Sünden.” PesK 27,7; zitiert nach Thoma/Lauer, Gleichnisse (PesK), 267
40 Die Frage wurde oft gestellt, ob die Liebe der Frau als „Realgrund” oder als „Erkenntnisgrund” zu verstehen ist. Vgl. dazu Roloff, Kerygma, 163, Anm. 205; Schürmann, Lukasevangelium, 437; Wilckens, Vergebung, 405ff; Eichholz, Gleichnisse, 62. Jeremias, Gleichnisse, 127 sagt richtig, dass die Vergebung auch hier das Prius ist. Auch Kilgallen, Forgiveness, 109 betont: „The woman comes to Jesus already forgiven.”
41 Jeremias interpretiert die Szene - um auch die Schwierigkeiten in 7,47 zu überwinden - mit der folgenden Argumentation: Unter anderem ist aus Mk 1,29-31 bekannt, dass die Rabbinen auf Durchreise gewohnheits-mäßig zu dem auf den synagogalen Dienst folgenden Sabbatmahl einzuladen sind. Daraus kann man schluss-folgern, dass der Geschichte eine Predigt vorausgegangen ist, die nicht nur Simon, sondern — mittel- oder unmittelbar — auch die Frau sich angehört haben mag. Die griechische Formulierung des Verses 7,47 (½¥#L¼nªI) verleiht der Dankbarkeit der Frau Ausdruck, wozu es im Hebräischen und Aramäischen eigens kein Wort gibt. Diesem Gleichnis könnte deshalb eine Szene der Vergebung vorausgegangen sein: Jesus hat gepredigt und den Erlaß der Sünden verkündet. Vgl. Jeremias, Gleichnisse, 127
42 Schürmann, Lukasevangelium, 431
43 Schweizer, Lukas (NTD), 91; vgl. 2.2.1.1.
44 Es ist kaum zu glauben, dass der Erzähler so eine entscheidende Information dem Hörer/Leser verschweigt.
45 Roloff, Kerygma, 162
46 „Aufnahme in die Gemeinschaft Jesu bedeutet vergebende Aufnahme in die Gemeinschaft mit Gott und in unlöslicher Verbindung damit die Umkehr zum Gehorsam.” Goppelt, Christentum und Judentum im ersten und zweiten Jahrhundert (BFChTh 2,55), Gütersloh 1954, 50; zitiert nach Roloff, Kerygma, 162, Anm. 203
47 Obwohl die Türen bei einem palästinischen Gastmahl für Zuschauer offen waren, ist die plötzliche Erscheinung einer stadtbekannten Dirne in die Tischgemeinschaft des Pharisäerhauses keineswegs etwas Alltägliches! Vgl. Schürmann, Lukasevangelium, 431
48 Eichholz, Gleichnisse, 60
49 Bovon, Lukas (EKK), I, 391
50 Die Salbung des Hauptes als Ehrung war „hier und da üblich”, vgl. Schürmann, Lukasevangelium, 432
51 Schweizer, Lukas (NTD), 91; Bovon, Lukas (EKK), I, 391f
52 Schweizer, Lukas (NTD), 91
53 Dass Jesus „dieses überraschende, gegen Sitte und Gesetz gröblich verstoßende Tun der unreinen Sünderin anstandslos hinnimmt”, war für Simon ein Beweis dafür, dass Jesus unmöglich ein Prophet sein könnte. Vgl. Wilckens, Vergebung, 396
54 Klostermann, Das Lukasevangelium, Tübingen, 1929, 93; Jeremias, Gleichnisse, 144; Eichholz, Gleichnisse, 61
55 „Dass ein Gläubiger einfach Schulden erlässt, ist auffallend unwahrscheinlich; Gott, der im Gleichnis lebendig wird, sprengt die Wahrscheinlichkeitsrechnungen des Menschen." Schweizer, Lukas (NTD), 91
56 Jeremias, Gleichnisse, 144
57 Diese Korrelation beweist die in 2.2.1.1. vorgeführte Ausgangsthese, dass das Gleichnis und sein Kontext in Lk 7,36-50 voneinander nicht zu trennen sind.
58 Das Erlassen der Schulden kann aber m.E. nicht einfach zu „Gottes eschatologische Vergebungstat” (Schürmann, Lukasevangelium, 434) begrenzt werden!
59 Unter formellem Aspekt wird auch das eindeutig, dass dies keine Allegorie ist: die Gestalten der Erzählung decken sich nicht genau: was Gott auf der einen Ebene tut, das tut Jesus auf der anderen. Man kann sagen dass Jesus mit der Figur des Gläubigers korreliert wird. Vgl. Heninger, Metaphorik, 96 Das Gleiche charakterisiert z.B. auch das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15,11-32).
60 Eine prophetenchristologische Frage (vgl. Lk 9,19) wurde bereits in 7,19 gestellt; ferner 7,16 spricht von Jesus als profh/thj me/gaj. Auch Lk 24,19 (o(\j e)ge/neto a)nh\r profh/thj) spiegelt so eine Anschauung wider. Aber in Lk 7,27 weist Jesus es zurück, und reklamiert den Titel für den Täufer; und in 24,26 sagt er, dass er nicht nur ein Prophet, sondern der Messias ist.
61 „Schließlich konzentriert Lukas alles auf die Christusfrage.” Schweizer, Lukas (NTD), 92
62 Im Zusammenhang des 7. Kapitel geht es m.E. nicht nur um die Erwartung eines Propheten in allgemein, sondern um einen Elija redivivus.
63 „Simon’s words had put Jesus into the category of prophet. Jesus’ words to Simon reveal that Jesus is more than a prophet. The key to this revelation is the small parable with which Jesus begins his talk to the Pharisee.” Kilgallen, Forgiveness, 112
64 Vgl. die erwähnte feierliche verkündigungsartige Einleitung.
65 Mit Lk 7,48 "wird das verborgene Geschehen, dessen Folgen sich schon gezeigt haben, öffentlich von Jesus der Sünderin in Vollmacht zugesprochen." Dschulnigg, Gleichnisse, 305
66 Vgl. Wilckens, Vergebung, 409; Schweizer, Jesus, 31 („als stünde er an der Stelle Gottes selbst”)
67 Das Motiv des Glaubens erscheint hier völlig unerwartet!
68 „Als sachgemäße, wenn auch Jesus erst nachträglich in den Mund gelegte Interpretation seines Verhaltens”, wie z.B. Roloff Lk 7,50 versteht. Roloff, Kerygma, 161